Montag, 23. Juni 2008
Das bin ich

“Sie waren besser angezogen.”
Es war typisch für sie, ihm ein Kompliment erst zu machen, wenn die Gelegenheit, der Moment längst vergangen war. Mehr noch, sie beleidigte die Gegenwart noch mit dieser Feststellung.
Er ruderte, kläglich. Er stakte eher mit den Paddeln im Wasser, ohne wirklich den Druck des Wassers nutzen zu können um sich abzustoßen. Er blickte sie dabei an. Ach Scheiße, was für ein Idiot er doch war!
Sie saß in ihrem weißen Sommerkleid auf der hölzernen Bank da, wie eine Dame längst vergangener Zeit. Ihr fehlten noch das Umschlagtuch und der Sonnenschirm. Elegant tauchte sie eine Hand in das nur langsam sich bewegende Wasser und schaute ihn fast mitleidig an.
Er schwitzte längst in dem braungemusterten Pullover.
„Mir gefiel die Leichtigkeit, Sie schienen selbstsicher und deshalb so attraktiv. Ich weiß noch genau, dass ich aus diesen Gründen nur bereit war uns noch ein weiteres Mal zu treffen.“
Fuck, wie stellte sie das an, dass er sein eigener Konkurrent war?
Er holte mitten im See die Paddel ein und riss sich den Pullover nahezu vom Körper. Das langärmlige Hemd darunter klebte ihm an Rücken und Brust.
„Wenn Sie wollen, kann ich mich ja gänzlich ausziehen. Es wäre schrecklich, wenn ich Sie mit meinen Kleidern beleidigte“, er ahmte ihre Sprache nach, sein Tonfall war genervt und er griff nach dem Picknickkorb und nahm die schon geöffnete Sektflasche und trank einen großen Schluck aus der Flasche, die Sektkelche ignorierend.
In jeglicher Hinsicht ein Fehler, er wusste es. Aber es war ihm nahezu egal, einfach nicht mehr erträglich. Er verspielte alles worauf er Stupiderweise hingearbeitet hatte und zudem perlte der nur noch leicht gekühlte Sekt in seiner Kehle über, lief etwas aus seinem Mund, den Hals hinunter und schäumte in seinem sowieso erregt übersäuerten Magen.
Er zwang sich der Wahrheit ins Auge zu blicken, also ihr. Doch sie zeigte ihm nicht das Erwartete. Ihre Pupillen waren geweitet, die eben noch im Wasser befindliche Hand nun auf der Brust, einen nassen Fleck hinterlassend saß sie da und starrte ihn an. Ihr Mund offenbar vor Erstaunen leicht geöffnet.
Dann warf sie sich an ihn, so dass das Boot stark ins Schlingern geriet.
„Warte, ich helfe dir“, sagte sie atemlos und riss an den oberen Knöpfen seines Hemdes.