Und wieder haben wir zwei Sieger, diesmal sind es die Texte mit den Titeln:
Was wäre wenn
und
Moonlight
Beiden Siegern gratulieren wir herzlich und freuen uns auf die "Demaskierung" und auch auf die neuen Satzanfänge, die Ihr bitte in den Kommentaren postet.
Nach dem üblichen Prozedere besteht dann wieder bis zum 27. Mai 2008 die Möglichkeit, die Beiträge anonym einzustellen.
Aber jetzt sind wir erst einmal darauf gespannt zu erfahren, wer die Autoren sind.
Und wer ist im April der Favorit?
Was wäre wenn
"One hand loves the other"
gewollt.
Moonlight
Leben
Insgesamt: 100% (10 Stimmen)
Diese Abstimmung wurde am 2008.05.01, 00:21 beendet.
Herzlichen Dank an alle Autoren und nochmals unsere Glückwünsche.
PS: Wie gesagt, fände ich es schön, wenn sich auch die anderen Autoren zu erkennen gäben.
April 2008 ... link
Im April haben sich also nun fünf Beiträge für den Wettbewerb, in dem diesmal zwei Satzanfängen zur Auswahl standen, eingefunden. Und wie immer bitten wir um Stimmabgabe bis zum 30. April. Gegen 22:00 Uhr wird die Abstimmung abgeschlossen und dann können wir hoffentlich den Sieger küren.
Dabei möchte ich kurz anmerken, dass ich es schön fände, wenn sich auch die Autoren, die nicht den Sieg davontragen, zu Erkennen gäben. Das ist natürlich keine Pflicht, aber ich fände es interessant zu wissen, wer die Autoren sind. Der eine oder die andere veröffentlicht seinen/ihren Beitrag ja hinterher im eigenen Blog und ein Link dazu oder ein Kommentar fände ich schön.
Aber nun erst einmal die Liste der April-Beiträge und im voraus vielen Dank für Eure Stimmen:
Und wer ist im April der Favorit?
Was wäre wenn
"One hand loves the other"
gewollt.
Moonlight
Leben
Insgesamt: 100% (10 Stimmen)
Diese Abstimmung wurde am 2008.05.01, 00:21 beendet.
April 2008 ... link
Sie zog langsam einen Handschuh aus. Obwohl es ein intimer Moment war, machte sie nicht viel Aufhebens darum. An jedem Tag, der endete, wurde aus der mondänen, behandschuhten Frau, die sie schien, die Frau, die sie wirklich war.
Sie betrachtete diese ihre Hand an jedem Abend erneut, als wäre sie etwas Erstaunliches, obschon ihr klar war, dass Prothesen allenfalls hilfreich, nicht jedoch bestaunenswert sind. Eher lästig, wenn die Nervenenden, die den Wunsch einer Bewegung spüren, zucken und nichts passiert. Sie betrachtete dieses rosa schimmernde Konstrukt, das ein Teil von ihr sein sollte, an jedem Abend erneut. Es gab, so wusste sie, bereits Prothesen, die sich bewegen konnten, ganz wie die Nervenenden zucken. Man brauchte nur ein wenig Übung und allerhand Geld. Am Geld fehlte es nicht, aber sie hatte sich nie zu einer solchen Lösung entschliessen können. Es wäre gewesen, als würde sie einen Teil ihrer Geschichte einfach ignorieren. Leben, so wusste sie spätestens seit damals, ist die Summe all dessen, was wir getan haben. Und gelegentlich fragte sie sich, ob die getanen oder die unterlassenen Dinge einst schwerer wiegen würden.
An jenem Abend stand er in der Küche, wie an beinahe jedem Abend. Er liebte es, zu kochen. Besonders liebte er es, für sie zu kochen. Wenn sie erschöpft von der Arbeit nach Hause kam, wurde sie regelmässig vom Duft exotischer Gewürze empfangen.
An jenem Abend nahm er ihr nicht wie sonst die Handtasche und den Mantel ab, um sie nach draussen zu tragen. Er sah nur kurz auf und blickte ihr tief in die Augen, als suche er nach einer Wahrheit. Vielleicht auch suchte er nach der Bestätigung seines Irrtums. Er fand: Eine Frau, deren Wangen von der Liebe gerötet und deren Blick irgendwo zwischen Verklärtheit und Sättigung schwebte.
An jenem Abend musste ihm klar geworden sein, dass seine Kocherei, und wäre sie noch so sehr von liebevoller Hingabe erfüllt, bestenfalls ein Nachtisch sein konnte.
Die Hand, ihre, die echte, lag plötzlich am Boden. Erstaunt betrachtete sie den Stumpf, aus dem es zunächst nicht einmal blutete. Sie weiss noch, dass es ihr wichtiger schien, ihn verletzt zu haben. Ihre eigene Verletzung bemerkte sie nicht, bis sie hinter einem Nebel zu Boden sank.
Als sie wach wurde, war er verschwunden. Und auch als sie aus dem Krankenhaus wiederkam, blieb er verschwunden. Er hatte alles da gelassen, einschliesslich ihrer sämtlichen Kontenvollmachten.
Den anderen jedoch sah sie nie wieder. Er war nicht wichtig gewesen. Schon gar nicht wichtig genug für alles, was sie seinetwegen verlor.
Leben ist die Summe all dessen, was wir getan haben, dachte sie noch einmal, und legte die Prothese neben den Handschuh.
April 2008 ... link
Sie zog langsam einen Handschuh aus. Linke Hand. Zarte, helle Haut, feingliedrige Finger, gepflegte Nägel kamen zu Vorschein. Berühre mich, dachte ich, aber so weit war sie noch nicht. Rechte Hand. Ein silberner Ring am Mittelfinger, ohne Verzierungen, schlicht, ein einzelner, kleiner, glitzernder Stein, ich mag solchen Schmuck. Ich mochte diese Hände. Sie lächelte. Ich war angespannt und sie sah es mir an. Was sollte das hier werden? Sie wisse es selber nicht, hauchte sie mir Sekunden später ins Ohr, ohne das ich etwas gesagt hatte, es war, als könne sie Gedanken lesen. Draußen regnete es, dicke Tropfen landeten auf dem Fensterbrett, es plitschte und platschte, das Fenster lachte breit, mit vielen zerfließenden Tropfen darauf, hunderte, tausende, dahinter tiefe Nacht, spärlich erhellt vom orangenen Licht der Straßenlaternen, keine Menschenseele wagte sich jetzt noch auf die Straße.
Die Luft war erfüllt von ihr. Und von ihrer Musik. Entspann dich, hatte sie gesagt, auf ein paar leuchtende Knöpfe gedrückt und die Musik ging an. Kerzen. Flackernde Kerzen vor dunklen Vorhängen, das Licht gedämmt. Übertriebene Romantik? Nein, nein, nein. Und es war warm und die Bettdecke weich, sie roch ganz frisch und nach ihr, obwohl ich bisher wenig von ihr riechen konnte. Nur eine kleine Kostprobe von ihrem Hals, dieser bedeckt mit zarter, weicher Haut, ich spürte kleine Härchen an meiner Nase, meinen Lippen, ein leichtes Pulsieren, heißes Blut in feinen Äderchen, Adern, Herzschlag, minimal erhöht. Endlich war ich ihr nahe gekommen und konnte sie riechen, konnte sie mir einprägen, jetzt und für immer. Kurz darauf verschwanden wir.
Ihr Haar war weich, so weich, dunkel und lang, wie ich es liebe und sie ließ es über mein Gesicht fallen, deckte mich zu, erleichterte meinen Traum, das war doch nur ein Traum? Aber dafür fühlte es sich zu gut an, zu gut, viel zu gut und ihre Haut, ihre warme weiche Haut und dazu diese Haare und die Augen, in der Dunkelehit ein wenig leuchtend, fluoreszierend, wie die Augen einer Katze, ihre Lippen, nicht zu voll, nicht zu rot, gerade richtig. Richtig. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort, dachte ich und dabei hatte ich es doch so plump angestellt, viel zu plump und dumm, aber das schien ihr nichts auszumachen. Nein, überhaupt nicht.
Und dann ihre Hände, diese zarten, weichen Hände, mit dem silbernen Ring am rechten Mittelfinger, wie leicht sie sich um meinen Hals schlossen und wie viel Kraft sie plötzlich entwickelte, wie ihre Nägel, diese wunderschön gepflegten Nägel, wie sie sich lang und scharf in mein williges Fleisch bohrten und ich spürte, wie mein Blut langsam aus vielen Wunden lief, über ihre Finger, über ihre Lippen und ihr leises Lachen dabei, kehlig, lustvoll, ein tiefes Stöhnen von ihr, ein letzter Seufzer von mir, bevor sich ihre Finger endgültig um meine Kehle schlossen, ja, ja, ja, versuchte ich zu rufen, aber aus meinem Mund kam nichts mehr, kein Laut, keine Luft, kein Stöhnen und auch kein Seufzer mehr, in dunkler Nacht verschwand ich dann für immer, fiel und fiel, hinab, tiefer, tiefer, immer tiefer, hinein in ihre dunklen Haare, in ihren dunklen Schlund, dunkel, warm und voller Lust, ohne je wieder zurück zu blicken, ohne je wieder einen anderen Gedanken denken zu können, ohne jemals wieder von ihr losgelassen zu werden.
April 2008 ... link
Herr Referral hat ja die Satzanfänge schon gepostet, aber der Vollständigkeit halber wollte ich noch mal darauf hinweisen, dass die Texte wieder bis zum 27. April gegen 21:00 eingestellt werden können, dann geht es wieder in die Abstimmungsphase.
Frau Okavanga, da es im März ja nicht so richtig geklappt hat, möchten Sie die Abstimmung im April moderieren?
April 2008 ... link
Im gegenseitigen Einverständnis erschufen sie sich. Anfangs ohne es bemerkt zu haben. Letztendlich ohne anders gekonnt zu haben. Zwei Pole, die gegenseitig Abstand hielten. Gleichmächtig. Gleichgewichtig. Ein Ausschlag in eine Richtung wurde unverzüglich korrigiert. Ein Aufschaukeln der Macht. Unaufhaltsam. Ein Zurück gab es nicht. Unsicherheit machte sich breit. Niemand hatte es so gewollt. Es war schlicht so gekommen. Naiv ausgedrückt, könnte man „es war einfach passiert“ sagen. Im Nachhinein kann man getrost behaupten, es wäre vorhersehbar gewesen. Wenn sich jemand denn Mühe gegeben hätte. Oder es gewollt hätte. Aber Blindheit kann auch vorübergehend sein. Und gewollt.
April 2008 ... link
Im gegenseitigen Einverständnis erschufen sie sich eine Parallelwelt, in der weder Zeit noch Ort eine Rolle spielten und sie alles sein und haben durften, was ihnen nur gerade einfiel. Oft stellten sie sich vor, einer von beiden könnte sich einfach so ins Auto setzen und trotz der vielen trennenden Kilometer in einer Viertelstunde beim anderen sein, sich auf dessen Schoß setzen, sein Gesicht in die Hände nehmen, seine Stirn küssen und so alle Last des Tages, allen Schmerz, alle Schwere von ihm nehmen. Sie beschworen gemeinsam Bilder herauf, deren perfekte Schönheit ihnen beiden gleichermaßen weh und gut tat und an denen sie sich entlang hangelten wie zwei im Wald verloren gegangene Kinder an einer Brotkrumenspur.
Dann holte sie die wahrhaftige Bitterkeit der Realität ein und jedes der irgendwann einmal gemalten Bilder wurde zu einem Haken, der sich tief ins wunde Fleisch schnitt. Alle die kleinen Geschichten, die sie allein oder zusammen ersonnen hatten, zerschellten an dem, was sie beide lebten, wie sie beide lebten, in jener Welt, in der sie waren, was sie waren und wie sie waren und der verzweifelte Versuch, ihrer Traumwelt eine neue Basis, eine wahrhafte Substanz zu verschaffen, in dem sie sich trafen, Zeit miteinander verbrachten, sich in wilder, zügelloser Leidenschaft liebten, beschleunigte den Zerfall und vergrößerte die Distanz zwischen Sein und Schein in einem Maße, wie sie sich niemals hatten vorstellen können.
Verzweifelt umklammerten sie die Trümmer ihres Luftschlosses. Es kann so nicht enden! Es darf so nicht enden! Es war doch so schön! So ... perfekt...
Sie waren zu feige, herauszufinden, wieviel sich von allen ihren Traumbildern ins echte Leben retten lassen würde und sie waren zu feige, mit einem Peitschenhieb alles Verbindende zwischen sich zu zerschlagen. Sie waren zu feige, sich aneinander auszuprobieren und zu feige, sich loszulassen, denn beides hätte mehr, viel mehr gebraucht, als nur das Färben bunter Bilder und das Flüstern zärtlicher Worte – beides hätte Kraft und Mut und Wahrheiten gefordert. Einsatz. Echten Einsatz und nicht nur dessen Vortäuschung in Pastelltönen.
Sie malten keine Bilder mehr. Träumten nicht mehr. Sie wussten voneinander und litten aneinander. Wie die Katzen schleckten sie die Puddingreste von den Tellerrändern und trauerten dem nach, was sie hatten, von dem sie gerne glauben würden, es gehabt zu haben. In Wahrheit hatten sie nur tausende von „was wäre wenn“. In Wahrheit haben sie nur tausende von „was wäre wenn“. In Wahrheit werden sie niemals mehr haben als tausende von „was wäre wenn“.
April 2008 ... link