Mittwoch, 23. April 2008
Moonlight

Sie zog langsam einen Handschuh aus. Linke Hand. Zarte, helle Haut, feingliedrige Finger, gepflegte Nägel kamen zu Vorschein. Berühre mich, dachte ich, aber so weit war sie noch nicht. Rechte Hand. Ein silberner Ring am Mittelfinger, ohne Verzierungen, schlicht, ein einzelner, kleiner, glitzernder Stein, ich mag solchen Schmuck. Ich mochte diese Hände. Sie lächelte. Ich war angespannt und sie sah es mir an. Was sollte das hier werden? Sie wisse es selber nicht, hauchte sie mir Sekunden später ins Ohr, ohne das ich etwas gesagt hatte, es war, als könne sie Gedanken lesen. Draußen regnete es, dicke Tropfen landeten auf dem Fensterbrett, es plitschte und platschte, das Fenster lachte breit, mit vielen zerfließenden Tropfen darauf, hunderte, tausende, dahinter tiefe Nacht, spärlich erhellt vom orangenen Licht der Straßenlaternen, keine Menschenseele wagte sich jetzt noch auf die Straße.

Die Luft war erfüllt von ihr. Und von ihrer Musik. Entspann dich, hatte sie gesagt, auf ein paar leuchtende Knöpfe gedrückt und die Musik ging an. Kerzen. Flackernde Kerzen vor dunklen Vorhängen, das Licht gedämmt. Übertriebene Romantik? Nein, nein, nein. Und es war warm und die Bettdecke weich, sie roch ganz frisch und nach ihr, obwohl ich bisher wenig von ihr riechen konnte. Nur eine kleine Kostprobe von ihrem Hals, dieser bedeckt mit zarter, weicher Haut, ich spürte kleine Härchen an meiner Nase, meinen Lippen, ein leichtes Pulsieren, heißes Blut in feinen Äderchen, Adern, Herzschlag, minimal erhöht. Endlich war ich ihr nahe gekommen und konnte sie riechen, konnte sie mir einprägen, jetzt und für immer. Kurz darauf verschwanden wir.

Ihr Haar war weich, so weich, dunkel und lang, wie ich es liebe und sie ließ es über mein Gesicht fallen, deckte mich zu, erleichterte meinen Traum, das war doch nur ein Traum? Aber dafür fühlte es sich zu gut an, zu gut, viel zu gut und ihre Haut, ihre warme weiche Haut und dazu diese Haare und die Augen, in der Dunkelehit ein wenig leuchtend, fluoreszierend, wie die Augen einer Katze, ihre Lippen, nicht zu voll, nicht zu rot, gerade richtig. Richtig. Zur richtigen Zeit am richtigen Ort, dachte ich und dabei hatte ich es doch so plump angestellt, viel zu plump und dumm, aber das schien ihr nichts auszumachen. Nein, überhaupt nicht.

Und dann ihre Hände, diese zarten, weichen Hände, mit dem silbernen Ring am rechten Mittelfinger, wie leicht sie sich um meinen Hals schlossen und wie viel Kraft sie plötzlich entwickelte, wie ihre Nägel, diese wunderschön gepflegten Nägel, wie sie sich lang und scharf in mein williges Fleisch bohrten und ich spürte, wie mein Blut langsam aus vielen Wunden lief, über ihre Finger, über ihre Lippen und ihr leises Lachen dabei, kehlig, lustvoll, ein tiefes Stöhnen von ihr, ein letzter Seufzer von mir, bevor sich ihre Finger endgültig um meine Kehle schlossen, ja, ja, ja, versuchte ich zu rufen, aber aus meinem Mund kam nichts mehr, kein Laut, keine Luft, kein Stöhnen und auch kein Seufzer mehr, in dunkler Nacht verschwand ich dann für immer, fiel und fiel, hinab, tiefer, tiefer, immer tiefer, hinein in ihre dunklen Haare, in ihren dunklen Schlund, dunkel, warm und voller Lust, ohne je wieder zurück zu blicken, ohne je wieder einen anderen Gedanken denken zu können, ohne jemals wieder von ihr losgelassen zu werden.