Montag, 19. Februar 2007


Dämonen

GEBANNT STARRTEN SIE AUF DAS SCHAUPSIEL, DAS SICH IHNEN BOT.
Nie war eine Nacht schöner, ein Himmel klarer und nie hatten ihre Augen mehr geweint.

Sie konnten sich nicht satt sehen an diesen Körpern. Wie sie sich wanden, sich räckelten, sich zwangen, sich zu bewegen; nicht inne zu halten, als ob Dämonen sie zwangen, um ihr Leben zu tanzen.
Diese unerträgliche Schönheit dieser Körper brannte in ihren Augen, doch sie konnten nicht wegsehen. Sie konnten es nicht...Diese Körper – so makellos schön und vereint.

Wirre Blicke trafen sie. Wirre, fragende Augen suchten immer wieder die des Publikums, um es herbeizulocken. Ja, heranlocken wollten sie sie!
Aber nein!
So groß die Versuchung auch war. Sie war fast schon zu groß. Sie würden hier stehen bleiben – abseits der Bühne. Würden nur zusehen. Sich erfreuen, an des Lebens’ Tanz. Nur warten, auf des Kampfes letztlichen Hohn.

Die Scheibe vor den tanzenden Körpern war beschlagen von ihrem Atem – der sich immer schneller und immer heißer auf das nahe Glas presste, um dann als Tropfen seinen Weg in die Tiefen zu finden.
Die Dämonen wurden mächtiger und ließen die Körper zucken. Schneller und immer schneller – und stumme Schreie, welche die Mauer aus Glas nicht freigab, drangen in den Zuschauerraum. Drangen ihnen bis ins Hirn, wo sie so unendlich schmerzten.
Wie schön, diese Schmerzen doch waren...
Welch Schönheit das Leben doch hervorbringt.

Schneller und schneller krümmten sich sie; tanzten die Leiber auf dem kargen weißen Steinboden, dessen mehr und mehr rote Farbe anfing die makellos hellen Körper zu verschlingen.
Allein die teuflischen Augen waren noch weiß – von so zartem Weiß, dass es fast schon eine Sünde war, sie für immer der Welt zu entreißen.

Gebannt starrten sie auf das Schauspiel, das sich ihnen bot als den Körpern die Kräfte versagten. Als nur noch die Augen der Dämonen mit wilden Blicken um sich bissen – und Feuerbälle in Richtung der gläserner Wand schickten.
Diese Blicke brannten in den Leibern der Beobachter und verursachten ihnen fiebrige Jubelseufzer, bevor sie sich im Nichts des Todes verirrten.

Sie wagten nicht, sich zu bewegen. Erst, als die letzte Wunde aufgehört hatte, ihr lebendiges Rot auszuspucken, legten sie die Waffen zur Seite und weinten – entzückt von so viel Schönheit und – Frieden. Frieden war es, den die starren Blicke der toten Dämonen nun endlich bringen würden.

Das Schauspiel war beendet.

Der Vorhang fiel vor den bewegungslosen Augen mit den zarten, weißen Leibern, die nie wieder um ihr Leben tanzten würden. Nie wieder würden sie Seelen stumme Todesschreie entreißen, und nie wieder würden sie die Sehnsucht, endlich zu sterben, mit der geistesfiebrigen Freude am Kampf verwechseln würden.

Das Schauspiel war vorbei. Die Dämonen waren tot.
Das Publikum verließ das Theater. Sie waren frei. Endlich frei.
Nie war eine Nacht schöner, ein Himmel klarer und nie hatten ihre Augen mehr geweint.

Februar 2007  ... link