Freitag, 19. September 2008


Wladi

Kannst du mir mal die Schultern massieren, Wladi, fragte George mit einem zärtlichen Blick, ja? bitte bitte und zwinkerte Waldi mit beiden Augen zu. Ich bin doch nicht schwul, George, ich aber, sagte George süffisant, während Waldi aus dem Wohnzimmer ging und den Kühlschrank öffnete. Da stand er nun eine Weile, stand so davor, vor dem Eisfach, blickte hinein in das Eis, regungslos, stand einfach nur da. Hallo, hallo, hier bin ich, winkte George vom Sofa aus. Doch da war nur Rückendeckung, weder Bemerkung noch Geblicke, so wie er da stand, vor dem Eisfach, der Waldi, regungslos. Tat sich nichts im offenen Wohnzimmerküchenzimmer, da war nichts, es tutete nicht zwischen den beiden, zwischen dem rückgewandten Waldi & diesem George, dem es langsam zu bunt wurde, in diesem befleckten Wohnzimmerküchenzimmer, mit geöffnetem Kühlschrank und bedrücktem Sofa.

Hallo!? Kannst du bitte mal anworten, wenn ich mit dir rede, Wladi, und mich anschauen, wenn ich mit dir rede? Keine Antwort. Waldi stand nur da, wie ein Wald in der Küche, der Eis anstarrt. Ey mann, ey, Wladi, jetzt antworte wenigstens, kochte George, dabei war es Waldi, der in der Küche stand und nun endlich, wenigstens, zwar ohne Geblicke & Massage, aber wenigstens, nun, reagierte: langsam leise fauchte er, ich heiße Waldi.

Du widerlicher Kerl, schäumte George und man sah wie sich seine Backen & der Mundwinkel massiv nach unten zogen. Du mieses Stück, ein mieses Stück bist du, W...l...a...d...i. Waldi packte Eis und schmiss nach George. Den traf es hart, warf sich vom Sofa, sprang auf, landete alarmiert und getroffen, hatte kalte Schmerzen an der rechten Schulter, stand dem Beschmeisser gegenüber in dem befleckten Wohnzimmerküchenzimmer und schrie, du Arschloch, schrie & beschimpfte.

Waldi mit einem weiteren Klumpen Eis in der Hand wie Shrotflinte mit Eiskugeln. Kälte, Eiswasser rann seinen Arm entlang, hinein ins enganliegende Shirt. Nenn mich noch einmal Wladi und es ist mit uns auf der Stelle vorbei!

George hechelte, Arschloch.

Immer nur geht es um dich! Alles dreht sich nur um dich! Du nennst mich wie du willst! Du machst mit mir, was du willst! Ich habe besseres verdient als dich!

Nicht mit diesem Namen, entgegnete George.

Zack. Ein weiterer Eisklumpen flog von der Küche ins Wohnzimmer. George schmiss sich zur Seite. Der Eisklumpen zerschmetterte die Vitrine. Du verrückte Schlampe! Ging auf Waldi los, doch der blockte hart ab, Ach ja?, Handgemenge. Am Ende siegte der Stärkere: Waldi.

Von oben herab flüsterte Waldi mit Würgegriff, nenn du mich noch einmal Wladi... George japste, wie kann ich dich denn lieben mit so einem beschissenen Namen!?

Statt der Schultermassage gab es Schulterhaue. Akzeptiere so wie ich heiße. Danach verließ Waldi die Wohnung. Am nächsten Tag war Waldis Auto mit Graffiti beschmiert. „Wladi“ stand dort drauf.

September 2008  ... link