Donnerstag, 20. Dezember 2007
Jakob und die große Maschine

Jakob war ein kleiner Junge, ein schmächtiges Kerlchen von fast fünf Metern Körperhöhe. Jakob arbeitete im Amt für Vermessungsangelegenheiten in der großen Stadt. Seine Familie lebte etwas außerhalb auf dem Schwalbenhof, einem alten Bauernhof aus der Zeit, als die Friesen noch kurz vor der Weltherrschaft standen. In Jakobs Freizeit goss er leidenschaftlich Zahnräder. Diese baute er, wenn sie vollendet waren, in die große Maschine.
Die große Maschine. Jakob hatte sie zum ersten Mal gesehen, als er gerade wenige Tage in seinem Job war. Sein Chef, ein Hühne mit drei Meter Brustumfang und Oberarmen so dick wie die Mammutbäume, die Jakob in dem alten Almanach der Seefahrer gesehen hatte, der bei seiner Oma auf dem Speicher lag, brauchte einen Assistenten. Mit einem Gabelstapler lud Jakob die große Ölkanne auf eine der Kutschen, dann fuhren er und sein Chef los in den alten Stollen. Der Stollen führte unter die Dünen, der sandige Boden rieselte beständig von der Decke und wurde vom uralten Gebläse der großen Maschine wieder an die Oberfläche transportiert.

Jakob fröstelte, als er dort auf dem Kutschbock saß und zusah, wie der große Reiher die Kutsche weiter hinab ins sandige Reich der Maschine zog. Sein Chef erzählte von den Seefahrern, den großen Friesen, denen das metrische System noch herzlich egal war.
"Drauf gefurzt ham se damals!" meinte sein Chef mit einem Lachen und biss von dem achtzig Zentimeter dicken Butterbrot ab, dass ihm seine rundliche Frau geschmiert hatte. Jakob mochte die Ausdrücke nicht, die sein Chef benutzte.
"Warum müssen wir heute gegen das metrische System kämpfen?" fragte Jakob seinen Chef, um ihn in die Welt der Fachausdrücke zurückzuholen.
"Weil die größe Maschine in diesem System nicht funktionieren würde, Jakob," wiederholte sein Chef eifrig zum tausendsten Mal, seit Jakob die Stelle im Amt angetreten hatte, "die Maschine erschafft ihre eigenen Gesetze, unser friesisches System."
'Den Friesisch kommt von frei,' ergänzte Jakob in seinem Kopf, während der Chef versuchte, trotz vollem Mund weiterzuspechen.
"Die Welt mag unser System nicht, aber sie müssen irgendwann erkennen, dass dies alles nur so funktioniert, wie es die große Maschine vorgibt...mhffgp..." sein Chef machte einen unappetitlich schmatzenden Ton, "wie groß wärest du nach dem metrischen System, Jakob?"
"Ein Meter dreiundzwanzig," entgegnete Jakob.
"Siehste... mit so etwas kann die Maschine nichts anfangen. Sie würde ich für klein halten, Jakob, findest du das richtig?"
Jakob schwieg.

Ein paar Tage später saß er bei seiner Oma auf dem Speicher des Schwalbenhofs und röstete Maronen in einer Pfanne.
"Bin ich groß, Oma?" fragte er plötzlich, und seine Oma drehte sich mit zusammengekniffenen Augen langsam zu ihm, wobei die Sprungfedern in der Katapultvorrichtung ihres Rollstuhls gefährlich knarzten.
"Was denkst denn du?" fragte sie.
"Ich weiß es nicht. Die Maschine sagt, ich bin groß, aber die Welt dort draußen," Jakob machte eine große Geste aus dem Fenster, "die würde mich für klein halten, wenn sie mich überhaupt bemerken würde."
"Du glaubst also, Größe hat etwas mit dem Standpunkt zu tun?"
Jakob dachte an die Seefahrer und die Weite des Meers, an seine kleinen Zahnräder und die große Maschine. Er füllte sich einige Maronen in eine Tüte und ging raus auf die Düne. Dort stand er und beobachtete die Wellen, die große Maschine pulsierte tief unter seinen Füßen.

Jakob war ein kleiner Junge, ein schmächtiges Kerlchen von fast fünf Meter Körperhöhe. Und manchmal, wenn er wollte, war er einen Meter dreiundzwanzig groß und ein Riese.