Die Sonne senkte sich langsam der Erde entgegen, ließ die Schatten länger werden. Hände, die sich auf dem warmen Holz des Stegs abstützten.Augen, die irrlichternd den Himmel und den See betrachteten. Gedanken, die ein altes Liebeslied summten.
Aber trotzdem fallen Tränen. Langsam und dann immer schneller. Die Sehnsucht will die Frau schier entzwei reissen, nagt und zerrt an ihr wie ein hungriges Tier. Ihre Gedanken werden zu Träumen, ihr Blick kehrt nach innen, sie kann nicht aufhören zu weinen.
Aufregung, als sie ihren Koffer packt, einen Tag vor seinem Geburtstag. Überraschen möchte sie ihn, nach all der langen Zeit der Einsamkeit.
Ihre Hände zittern, als sie die Tickets in ihre Handtasche steckt und sich ein Taxi ruft.
Nervosität als sie den Zug entlanggeht, Familien mit Kindern beobachtet, Paare die händchenhaltend an ihr vorübergehen.
Schmetterlinge im Bauch, als sie vor seiner Wohnung steht, die Blumen wie einen Rettungsanker umklammernd drückt sie auf den Klingelknopf. Ihr Herz schlägt in ihrer Brust wie ein ruheloser Vogel. Auf diese Art zu sterben muss schön sein, denkt sie.
Kindergeschrei reißt sie aus ihren Gedanken ins Jetzt. Tränenverschmiert steht sie auf dem Steg und starrt ins Leere. Von heute an wird sie die Stunden zählen, bis sie bei ihm ist - doch bis dahin muss sie mit ihrer Sehnsucht leben.