inmitten der nacht, der klaren, mondbeschienenen nacht voller stille ist kein nichts zu hören.
sie liegt da, stumm, reglos. fast so, als sei sie tot.
so gelähmt und taub sich ihr Körper anfühlt, so wach und angespannt sind ihre sinne.
ganz genau weiss sie, dass er kommen wird, der zug.
sie nimmt schon die vibration mit all ihren nerven wahr, das erbeben, das sein ankommen ankündigt auf den gleisen, zwischen denen sie liegt, lange bevor sie ihn hören oder gar sehen kann.
anscheinend nichts hält sie an diesem ort, keine gurte, keine ketten, keine sehnsucht und dennoch kann sie sich nicht rühren.
all ihre gliedmassen hören nicht auf sie.
unsagbare angst wallt in ihr auf mit jeder sekunde, die verstreicht, mit jedem meter,
den sich der Zug nähert.
das erbeben der schienen wird immer stärker, sie kann ihn hören, deutlich. klar.
eine gewaltige panik durchzuckt sie wie ein eisiger luftzug.
dann ist er da.
erst sieht sie nur vage seine umrisse, sie hört das erbarmungslose rattern und stampfen, das immer lauter wird und immer näher kommt. auf dieser welt gibt es nur noch diesen riesigen, rasendschnellen zug und sie selbst, wie dort reglos zwischen den schienen im gleisbett liegt
bremsen quitschen, metall kreischt auf metall.
zu spät.
der zug erfasst sie.
genau wie ein bremsender zug habe ihr schreien geklungen, sagt jener am folgenden tag, der sie in der nacht, nach ihrem erwachen behütend getröstet hatte.
traum ... link
wollen wir ihn fragen ?
Das Zimmer sieht so leer aus
wo sind die Zuhörer hin?
Sie sind draußen und staunen
sie schauen atemlos
... link
Drei Federn hat Olint; die eine gab ein Engel
Aus einem Fittich ihm; mit dieser schreibt er Mängel
Der Menschen in Gelassenheit.
Die zweite Feder war in eines Adlers Flügel
Schwungfeder. Diese hält kein Zügel;
Mit ihr schreibt er in Groll die Mängel seiner Zeit.
Aus eines Amors leichten Schwingen
Zog er die dritte; die
Gebraucht er, Herzen zu bezwingen,
Und schreibt mir ihr an Sie:
»Bis in die Ewigkeit wird mein’s getreu verbleiben!«
Möcht’ er mit dieser Alles schreiben!
(Johann Wilhelm Ludwig Gleim, 1802)
Schreiben. Dürfen und können. Nicht nur Mängel und Groll beschreiben, nicht nur in Liebe schreiben oder Hass, sondern auch in Gleichmut, in Zorn, in fantastischen Träumen, in Lust und Gier, in Wirrnis und Irrnis. Grenzenlos schreiben. Dürfen und können. Alles.
Dieses hier ist der Versuch einer Schreibwerkstatt. Schreiben, wie man mag und über was man mag. Einfach drauflos schreiben. Dürfen und können. Alles schreiben dürfen.
Es steht jedem Schreiber frei, sich zu erkennen zu geben. Es kann unter einem eigenen vorhandenen Bloggernamen geschrieben werden, oder aber anonym.
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Vollkommen grenzenlos sind wir hier jedoch auch nicht: es gelten die allgemeinen » Regeln.
Ich behalte mir das Recht vor, Spam und unter die Gürtellinie zielende Äußerungen zu entfernen.
Die ehemalige Idee, einen monatlichen Satzbeginn zu stellen und über die eingereichten Geschichten am Monatsende abzustimmen, hat sich nicht dauerhaft durchgesetzt. Nach einem munteren Start und vielen Stories schleppten wir hier uns monatelang dahin, wenn es überhaupt etwas zu schleppen gab. Zeitmangel aufseiten der Betreiber der Seite, Zeitmangel aufseiten der Schreiber ... mehrere Versuche, die Fahnen dennoch hoch zu halten, endeten mit müden Armen und mottenzerfressenem Wimpel. Man hat sich mit genügend Mühsal herum zu plagen, ein mühselige Schreibwerkstatt soll und muss sich niemand antun, ich eingeschlossen, auch wenn dieses hier mein "Baby" war und noch immer ist.
Ich, wir, geben auf. Aber:
Die Schreibwerkstatt wird jedoch auch weiterhin geöffnet sein.
Wer braucht denn schon einen Satzbeginn oder eine Abstimmung, wenn ihm nach Schreiben ist? Eben. :)))
Ich danke allen treuen (und auch den untreuen:))) Schreibern und hoffe, wünsche mir, dass unsere (denn das ist sie, unsere Schreibwerkstatt, nicht gänzlich untergeht und in Vergessenheit gerät.
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Eine Perlenschnur aus Regentropfen neben der anderen hing senkrecht vom bleigrauen Himmel. Dicht an dicht fielen sie in endlosen Kaskaden hinab. Ein Vorhang aus Wasserperlen.
"Was willst du hier?", fragte sie. Nur ihr Kopf war durch den schmalen Türspalt zu sehen, den sie für ihn zu öffnen bereit war. "Mit dir reden. Dich sehen.", antwortete er. Von seiner Kinnspitze tropfte Regenwasser und von seiner Stirn rannen, immer den gleichen Weg neben der rechten Augenbraue und vorbei am rechten Nasenflügel suchend, ganze Familien von Regentropfen. Eine, zwei, ein halbes Dutzend verschluckte er beim Sprechen.
"Reden? Worüber?", stieß sie hervor. Sie trug das schwarze Hemd, dass sie gemeinsam gekauft hatten. Spitze an den kurzen Ärmeln, am langen, runden Ausschnitt und am hüftlangen Saum. Ein passender BH und ein raffiniertes Höschen gehörten dazu. Nichts von alledem hatte sie lange anbehalten, damals. Ob sie eines der anderen Teile gerade trug, konnte er nicht ausmachen.
"Über uns. Mich. Dich.", sagte er. Er schüttelte sachte den Kopf. Regentropfen spritzten in alle Richtungen davon. Einige trafen ihr Gesicht. Sie zuckte unmerklich zusammen, als die kalte Nässe ihre Haut berührte.
"Schreib mir einen Brief.", sagte sie. "Oder", fuhr sie fort, "mail mir. Ich werde dir dann antworten. Vielleicht. Wenn ich ..."
"Bitte!", sagte er rasch, "bitte lass mich hier nicht im Regen stehen!" Eine weitere Regentropfenfamilie verschwand zwischen seinen Lippen. Sich auf die Lippen beißend, sah sie ihm prüfend in die Augen. "Ist das wieder einer deiner Tricks?", fragte sie scharf.
"Nein. Kein Trick. Kein Trick!"
Unter der Jacke wies sein Shirt dunkle Flecken auf, dort, wo der Regen sich einen Weg gesucht hatte. Sie warf sich eine fast knielange Strickjacke über und ihm ein Handtuch zu. Sie stellte die Kaffeemaschine an. "Rede!", sagte sie, "deshalb bist du gekommen, oder? Zum Reden!"
"Warum bist du so zu mir?", fragte er unter dem Handtuch hervor. Sie knallte die Zuckerdose auf den Tisch und antworte: "Warum bist du so ein Arschloch?"
"Es war von Anfang an klar, dass du nicht die Einzige bist. Ich habe dich hier nie angelogen. Du wusstest, dass es andere gibt und du warst einverstanden.", sagte er und warf das Handtuch achtlos zu Boden.
Sie schüttelte stumm den Kopf.
Die Kaffeemaschine ächzte und seufzte. Mit einem lauten Knacken sprang der Kühlschrank an. Noch bevor die Maschine vollkommen still war, zog sie die Kanne hervor und füllte zwei Tassen. Die nachlaufende Flüssigkeit verdampfte zischend auf der heißen Wärmeplatte. "Trink den verdammten Kaffee und dann geh.", sagte sie.
"Ich will dich nicht verlieren." sagte er.
"Es gibt genug andere."
"Aber du bist du. Niemand sonst ist du."
"Du meinst, niemand sonst bläst dir den Schwanz wie ich. Oder schreit wie ich. Oder hat dieselbe BH-Grösse wie ich."
"Du bist du. Und ich will dich nicht verlieren."
"Das sagtest du schon. Trink aus. Geh."
"Ich verstehe nicht, wieso du dich überhaupt jemals auf mich eingelassen hast, wenn du so ein Problem damit hast."
Sie riss ihm die leere Tasse aus der Hand. Scheppernd fiel das Geschirr in die Spüle. Er griff nach ihrer Hand, verfehlte sie jedoch. Sie sprang hastig zurück. "Raus!"
Draussen regnete es noch immer.
Er starrte ihr abwartend in die Augen. "Warum das alles? Wozu das alles?", fragte er und in seiner Stimme klang nun leise Wut mit.
"Es ist richtig, dass ich es wusste, von Anfang an.", sagte sie leise. Ja, ich war niemals die Einzige, aber du hast mir immer das Gefühl gegeben, die Einzige zu sein. Du hast mir das Gefühl gegeben, einzigartig zu sein. Ich bin ich. Nur ich kann ich sein. Ich bin die Frau. Die einzige Frau, die einzigartig ist."
Er streckte die Arme nach ihr aus. Sie wich zurück.
"Ich musste mich entscheiden, zwischen dem Gefühl, einzig und einzigartig zu sein und dem Wissen, dass es andere gibt."
Sie sah ihm fest in die Augen.
"Ich habe mich für das Gefühl entschieden."
Die Tür fiel ins Schloss. Wie ein Vorhang aus tausenden und abertausenden Perlenschnüren fiel der Regen senkrecht vom bleigrauen Himmel.
Mai 2009 ... link