„Ich saß zwischen zwei Stühlen, durfte nicht gehen und wollte nicht bleiben.“
„Wie meinen Sie das? Warum hätten Sie nicht einfach gehen können.“
„Weil er mir drohte, sich dann umzubringen. Weil er mir immer wieder sagte, dass er ohne mich nicht leben könne, dass er Amok laufen würde, wenn ich ihn verließe.“
„Hm, das ist heftig. Wollen Sie eine Zigarette?“
„Gerne. Ja, es war heftig. Ich wußte wirklich nicht, wie ich damit umgehen sollte. Ich habe es ihm geglaubt, konnte mir wirklich vorstellen, dass er Amok laufen würde. Er konnte so unglaublich aggressiv werden, so sehr, dass er sich wirklich völlig von aller Ratio entfernte.“
„Wie sah das aus?“
„Oh, es fing damit an, dass er mit Dingen um sich warf. Einmal hat er mir eine volle Kaffeekanne entgegengeworfen. Voll mit heißem Kaffee und Kaffeesatz, der mich im Gesicht getroffen hat, als die Kanne an der Wand zerschlug und der Inhalt durch die Gegend spritzte. Das war ihm aber noch nicht genug. Er ging auf mich los. Und drohte, mich in Grund und Boden zu schlagen. Ich hatte echt Angst und habe ihm an den Kopf geworfen, dass das ja eine echte Heldentat sei, eine Frau zu verprügeln. Da ist er weiß vor Wut geworden und hat mit der Faust solange in den Spiegel gehauen, bis der zerbrach. Seine Hand war gebrochen und das blutete stark. Ich hatte alle Mühe, den Arm abzubinden und ihn ins Krankenhaus zu schaffen.“
„Phfff. Das klingt wirklich beängstigend. Aber gab es denn gar keinen Weg, ihm klar zu machen, dass er Hilfe braucht?“
„ER? Er sollte Hilfe annehmen? Ich lach’ mich tot. Er war doch immer der Weltenretter. Er hat mich solange klein gemacht, bis ich ein Häufchen Elend war und er mich „retten“ konnte. Nein, der hätte niemals auch nur den Gedanken an sich herangelassen, dass er womöglich ein Problem hatte. Haben Sie noch eine Zigarette für mich.“
„Hier. - Das glaube ich nicht. Solche Selbstverletzungen zeigen doch einen inneren Konflikt. Da kann man doch mit arbeiten.“
„Meine Güte, Sie sind ja naiv. Innerer Konflikt. Da kann ich nur lachen. Er war ein harter Mann, der nichts an sich heranließ. Der alles unter Kontrolle hatte. Zumindest nach außen. Und wenn er sich nicht gut genug fühlte, hat er mich beleidigt oder verletzt, damit das Kräfteverhältnis wieder stimmte.“
„Wie hat er das denn hinbekommen. Sie sind doch eine starke Frau, machen einen autarken Eindruck, wie hätte er sie so treffen können?“
„Ach was, das sieht nur so aus. Er wußte genau, wie er mir weh tun konnte. Wenn ich eine Diät machte und dann ein paar Kilo abgenommen hatte, kam er daher und sagte mir: ‚Ich denk’ Du wolltest abnehmen, Du siehst ja aus wie’n Hamster.’ Oder wenn er aus der Sauna kam, erzählte er mir, wie schön die anderen Frauen waren und sagte dann so etwas wie: „Das war echt mal `ne Frau, die beim Ausziehen schöner wurde’. Dabei hat er mich so abschätzend angesehen, dass ich mich nur noch schämte.“
„Na ja, das ist zwar nicht nett. Aber so schlimm kann ich das nun auch wieder nicht finden. Aber das ist doch kein Grund….“
„Kein Grund? Meine Güte, Sie verstehen doch überhaupt nichts. Permanent hat er mir eingeredet, wie häßlich ich sei. Dass ich abnehmen muß. Dass ich nicht für diese Welt gemacht bin, und ohne ihn nichts auf die Kette kriege. Keinen Schritt durfte ich alleine tun. Wenn ich es einmal wagte, mich mit einer Freundin zu verabreden, musste ich ihm genau sagen, wo wir hingingen und jedes Mal hat er einen fadenscheinigen Grund gefunden, dort auch aufzutauchen. Weil er mich abholen wollte, oder noch an den Briefkasten musste oder noch spazierengehen wollte. Es war unerträglich, er bewachte jeden Schritt.“
„Aber Sie hätten doch mit ihm reden können. Ihm sagen können, dass kein Grund zur Eifersucht besteht. Oder hatte er etwa recht mit seinen Befürchtungen?“
„Wie sind Sie denn drauf? Klar, ich wollte die erstbeste Gelegenheit nutzen, um ihn zu betrügen…“
„Dann hatte er also recht.“
„Hallo??? Das war ironisch gemeint. Sie haben aber auch kein Ohr für Zwischentöne.“
„Das heißt, Sie wollten ihn nicht verlassen?“
„Doch, verlassen wollte ich ihn schon. Aber nicht, weil ich ihn nicht geliebt hätte, sondern weil ich die Umstände einfach nicht mehr ertrug. Die permanente Kontrolle. Das permanente Verletzten, sobald es mir mal besser ging. Alles war wunderbar, wenn es mir schlecht ging. Wenn ich aus dem Heulen nicht rauskam, Angst vor der Welt hatte, dann war er stark. Kümmerte sich aufopferungsvoll um mich. Spielte den Helden. War der große Retter. Aber wenn ich mal ein wenig besser drauf war, meine Stärke spürte und neues ausprobieren oder gar neue Wege gehen wollte, kam er nicht klar. Er kannte meine neuralgischen Punkte. Bestrafte mich sofort. Warf mir vor, dass ich fett sei, zuviel äße oder dass ich wie ein Wrack aussehe. Er wußte, dass ich früher magersüchtig war und sehr unter meinem neuen Gewicht litt. Er konnte wunderbar strafend gucken, wenn ich mir eine zweite Kartoffel nahm und machte dann so Bemerkungen wie: „Na, hast Du heut Bäume gefällt oder wieso kannst Du Dir heute so`ne Völlerei gönnen.“
„Hmmm. Aber das ist doch nur Gerede. Da stehen Sie doch drüber. Noch’ne Zigarette?“
„Danke. Sie begreifen es echt nicht. Ich habe darunter gelitten und zwar sehr. Er hat mir immer wieder von anderen Frauen erzählt, die besser, einfacher, schöner und was weiß ich waren. Dann hat er angefangen, mich in der Wohnung einzusperren, wenn er weg war. Damit ich keine Dummheiten mache.“
„Also haben Sie ihn doch betrogen?“
„Sagen Sie mal, Sie denken ja genauso eingleisig wie er. Ich fass es nicht. Nein, ich hatte versucht, mich umzubringen. Hatte versucht, mir die Pulsadern aufzuschneiden. Dann kam er nach hause und fand mich blutend im Bad. Da ist er ausgerastet. Erst gab er mir eine Ohrfeige, dann hat er mir die Gelenke verbunden und mich ins Bett gesteckt. Dannach hat er mich eingeschlossen, wenn er weg war. Vorher hat er alles entfernt, womit ich mich hätte verletzen können. Sogar die Küche hat er abgeschlossen, da durfte ich nur noch mit ihm rein.“
„Na, er hat sich halt Sorgen gemacht.“
„Wie bitte? Drückt man so Sorge aus? Das ist doch die totale Kontrolle. Es ging ja noch weiter. Ich durfte nur noch in seiner Gegenwart telefonieren. Es fehlte nur noch, dass er mithörte, was auf der anderen Seite gesagt wird. Ich habe dann den Kontakt zu fast allen abgebrochen und wenn jemand für mich anrief, hat er mich oft verleugnet, obwohl ich da war. Wenn er zur Arbeit ging, hat er das Telefon in der Küche eingeschlossen. Meine Post hat er auch geöffnet und mir nur dann gegeben, wenn er es richtig fand. Es war die Hölle. Ich hatte kein Leben mehr. Ich habe ihn angefleht, dass er mich rauslässt, dass er mich gehen lässt. Da kamen dann die Drohungen, dass er Amok laufen würde. Sogar meiner Familie hat er gesagt, dass er sich umbringt, wenn ich ihn verlasse. Zu der Zeit hat er auch angefangen, mich nachts ans Bett zu fesseln, damit ich nicht weglaufe oder irgendetwas unternehme während er schlief.“
„Mein Gott. Aber es muß doch Ihrer Familie aufgefallen sein, dass da was nicht stimmte. Haben die denn nichts getan?“
„Nein, nicht wirklich. Die fanden ihn zwar strange, aber gekümmert hat es sie nicht wirklich.“
„Das ist natürlich nicht gut. Wie sind sie denn überhaupt aus der Wohnung raus gekommen?“
„Nicht gut, das ist wohl die Untertreibung des Tages… Ich habe geübt, wie man Fesseln anschneidet und mürbe macht. Tagelang habe ich mit Streifen aus Betttüchern geübt, bis ich den Bogen raus hatte.“
„Aber hatten sie denn ein Messer? Ich denke, Sie kamen an nichts ran.“
„Ich hatte mir ein altes Küchenmesser geklaut. Als wir zusammen kochten, habe ich es eingesteckt und dann außen am Fenster der Toilette festgekebt. Als ich dann dachte, dass ich das mit den Fesseln im Griff habe, habe ich es auf meiner Bettseite versteckt. Und dann habe ich nachts die Fessel an meiner rechten Hand aufgeschnitten. Habe mich im Handumdrehen angezogen, den Autoschlüssel geschnappt und bin aus der Wohnung getürmt.“
„Steckte den der Schlüssel in der Haustür? Ich dachte, er hätte immer abgeschlossen.“
„Hatte er auch, aber ich wußte, wo er die Schlüssel aufbewahrt und habe mit dem Messer die Schublade aufgestemmt, den Schlüssel dafür hatte er ja um den Hals hängen, den hätte ich wohl nicht losbekommen, ohne ihn zu wecken. Aber die Schublade war ein Witz, die hätte man mit einem Lineal aufstemmen können.“
„Und dann sind Sie rausgelaufen. Wohin wollten Sie denn?“
„Keine Ahnung, nur weg. Mein Herz schlug so laut, dass ich dachte, er muss es hören. Ich war schweißnass und hatte eiskalte Hände, aber irgendwie habe ich es geschafft. Bin raus und ins Auto. Aber er hat die Tür gehört. Und hat wohl sofort begriffen, was passiert war. Als ich den Wagen gerade anließ, stand er auf der Straße. Fluchend und zitternd vor Zorn kam er auf mich zu. Brüllte mich an, drohte mir mit den Fäusten.“
„Und da haben Sie ihn einfach überfahren?“
„Ja. Es ging nicht anders. Ich saß zwischen den Stühlen. Meine Freiheit oder sein Leben. Ich musste ihn aus dem Weg schaffen….“
... link
Ich saß zwischen zwei Stühlen aber wie heißt es so schön: das Leben ist eine Folge von Entscheidungen und diese war eine davon. Und überhaupt: die Frau sah zwar sexy aus, aber ob das mit der Koje geklappt hätte, war ja auch noch offen. Und wenn sie mich wirklich mag, akzeptiert sie auch eine verschobenes Date. Vielleicht hätte ich sie vorher anrufen sollen. Zumindest dürfte sie beim Italiener nicht Hunger gelitten haben und genaugenommen war sie ja auch nicht alleine, das Restaurant ist nie leer. Bis bald Baby, ich melde mich am Montag.
Hier gibt es leider keine Lasagne, die würde aber auch nur viel zu schwer im Magen liegen. Bratwurst, Bier und Kaffee - dazu die von der Rennstrecke rüberwehende Aromamischung aus Benzin, Öl und verbrannten Gummi, was will man mehr. Die Hartgesottenen trinken hier ein Gemisch aus Rotwein und Cola und bezeichnen es als Vietnam oder so, könnte auch Korea heissen, irgendso ein Land im Nirwana. Naja, ich bin zum ersten Mal hier, abends Bier, morgens Kaffee - ich will es nicht gleich übertreiben.
Es ist jetzt Sonntag mittag. Ich sitze hier auf meiner Gixxer und warte auf den Start. Am Donnerstag abend hat mich mein Kumpel Kalle gefragt, ob ich Lust hätte einzuspringen. Der zweite Fahrer in seinem Team war ausgefallen. Beim Gardinenaufhängen fiel er von der Leiter und brach sich beim Aufprall auf dem chromverzierten Glastisch vier Rippen. Fahren könne er zwar prinzipiell, aber nicht atmen. Warum macht der Typ auch so gefährliche Sachen. Eine Lizenz habe ich zwar nicht, aber Kalle kennt die richtigen Leute und ein Motorrad um die Kurven tragen, das würde ich ja halbwegs hinkriegen. Ich mag Kalle. Dass er mich vorhin, nachdem ich den Reißverschloß meiner Kombi endlich zu hatte, als Preßwurst bezeichnet hat, lasse ich mal durchgehen.
Die vier Kolben unter mir füllen röchelnd den Liter Hubraum, lechzen nach Drehzahl, wollen ihre 180 PS über einen wimmernden Hinterreifen auf die Straße drücken und am Kurvenausgang schwarze Striche ziehen, das teure Gummi zerfetzen. Wenn ich ehrlich bin: ich will das auch. Aber noch stehen alle in der Startaufstellung und wenn ich wieder ehrlich sein darf: sie stehen alle vor mir.
Aber das ist mir egal, dabei sein ist alles, der olympische Gedanke ist eine gute Ausrede für die eigenen Fahrdefizite. Immerhin konnte ich am Samstag die Strecke kennen lernen. So viel wie ich ist vermutlich keiner gefahren, zumindest im Hinblick auf die Zeit. Ankommen ist alles, ich fahre hier nicht auf Platz oder gar Sieg. Kalles Vorgabe für das Rennen war sehr einfach und klar: nichts kaputt machen, etwas Spaß haben und die anderen vorbeilassen, wenn sie mich überrunden. Naja, letzteres will ich vermeiden, ich habe ja auch meinen Stolz.
Die Ampel springt um, die Kupplung schenkt dem Motor die Last, nach der er giert und mit kurzzeitig leicht angehobenem Vorderrad brause ich den anderen hinterher. Erster, zweiter, dritter Gang, der Drehzahlmesser schnellt immer wieder nach oben und die Zielgerade wird immer kürzer. Etwas früher als nötig werfe ich den Anker, lasse den Horizont zur Seite kippen und ziehe im zweiten Gang durch die Kurve. Nicht übertreiben, sagt mir mein Verstand, die Reifen sind noch kalt. Dein Vordermann ist aber schon 100 Meter weiter, sagt eine andere Stimme, während ich die zweite Kurve schon etwas mutiger anbremse.
Dritte Runde - ich habe es geschafft. Im Abstand von drei Metern fliege ich hinter meinem Vordermann über die Strecke. Wenn ich das Tempo halte, wird mich hier keiner überrunden. Langsam entspanne ich etwas, erfreue mich an den immer gleichmäßiger und lockerer durchfahrenden Runden. Die Reifen sind warm, krallen sich in den Asphalt, einzig beim Rausbeschleunigen bedarf es kurz hinter dem Scheitelpunkt einer vorsichtigen Gashand, um das Gummi auf der Felge zu lassen.
Fünfte Runde - das Feld ist immer noch relativ dicht zusammen und ich bin nur noch Vorletzter. Mein Vordermann hatte sich in der letzten Runde verbremst und ich habe das eiskalt ausgenutzt, bin innen an ihm durchgehuscht. Ganz langsam pirsche ich mich an meinen nächsten Vordermann ran. Wenn er ein Kennzeichen hätte, könnte ich bereits die Plakette lesen. Hatte ich schon erwähnt, dass auf der Zieltribüne unwahrscheinlich viele Frauen sitzen? Ich sage euch: das motiviert, sorgt für mindestens einen Millimeter mehr Gas beim Rausbeschleunigen aus der Kurve vor der langen Geraden.
Achte Runde. Inzwischen bin ich mir sicher, dass die langhaaringe Blonde vorne an der Boxengasse ganz speziell mich anschaut. Ausserdem bin ich bereits Zwölfter. Es ist wie ein Rausch. Inzwischen wird auch der Abstand zu der Spitzengruppe nur noch langsam größer. Kalle hat sich zwar erschreckt, als ich aus der letzten Runde im leichten Drift auf die Zielgerade bog, aber da habe ich auch noch auf die Blonde geachtet, das tue ich jetzt nicht mehr. Fahren ist angesagt, volle Konzentration auf das Fahren. Auf das Baucheinziehen verzichte ich inzwischen auch.
Noch neun Runden, ich bin Sechster und fahre absolut am Limit. Ich habe mit dem Rausdriften aus den Kurven aufgehört, um den hinteren Reifen etwas zu schonen. Den vorderen schone ich, indem ich ihn am Kurvenausgang etwas anhebe, damit er bis zum nächsten Bremspunkt wieder etwas abkühlen kann. Mein Scholli, der Motor geht wie Hölle. Inzwischen guckt nicht nur die Blonde zu mir rüber. Wenn ich von Anfang an so flott gefahren wäre, wäre ich vorne mit dabei - das gleiche Tempo habe ich inzwischen, leider auch noch 500 Meter Abstand. Ich muß schneller werden.
Noch fünf Runden, Platz drei. Meine Fangemeinde auf der Tribüne besteht inzwischen aus vier Blondinen und drei Brünetten, die mir bereits zuwinken. Die Kniepads haben ich in der letzten Runde abgerissen und weggeschmissen, sie limitierten die Schräglage zu sehr. Als Schutz gegen den schleifenden Asphalt habe ich zwischen dem Leder und den Knie ja noch die Protektoren in der Kombi, die müssen reichen. Vom Vordermann kann ich bereits die Kettenglieder zählen, aber sehen und vorbeikommen sind zwei Paar Schuhe. Eben drehte er sich kurz um, er wird schon nervös, den kriege ich noch.
Letzte Runde, ich bin am Limit und direkt hinter dem Führenden. Noch die Kurve vor der Zielgeraden und das Stück bis zur karierten Fahne, dann ist das Rennen vorbei. Ich hänge direkt am Hinterrad des Führenden, kann seinen Schweiß riechen und spüre, er kann nicht mehr nachlegen. Plötzlich habe ich eine göttliche Eingebung: brems einfach drei Meter später und fahre mit etwas mehr Schräglage - das geht noch. Und wenn es nicht klappt: das Kiesbett fängt dich auf. Der Zweite ist der erste Verlierer, also wage ich es.
Ich ziehe kurz vor dem Bremspunkt etwas nach innen, schiebe mich neben die Nummer 17 und ankere mit allem, was ich habe. Das Kiesbett taucht in Großaufnahme vor mir auf, doch meine Augen suchen erst das Kurveninnere, dann den Kurvenausgang. Ich drücke die Maschine mit wild schlingerndem Heck in die Schräglage. Asphaltbrocken, die von dem auf der Straße schleifenden Lenkerstummel aus der Straße gerissen werden, fliegen an meinem Kopf vorbei, vereinzelt knallt auch ein Stückchen gegen das Visier. Am Kurvenausgang richte ich die Maschine durch ein kurzes Zucken des Ellbogens auf und donnere mit zwei Meter Vorsprung auf dem Hinterrad durch das Ziel. Freudentränen laufen meine Wangen hinunter, meine weiblichen Fans haben sich die Kleider vom Leib gerissen und laufen in Richtung Boxenmauer, um mich zu empfangen.
Doch was ist das? Der Motor bockt, das ganze Motorrad wird unruhig. Durch einen kurzen Stupser auf die Hinterradbremse drücke ich das Vorderrad wieder zurück auf die Straße. Die Maschine wackelt immer noch wie Götterspeise, schlägt unkontrollierbar nach links und rechts. Jetzt nur nicht langmachen, denke ich, und höre plötzlich Stimmen. Während ich mich frage, ob mich der Wahnsinn übermannt, verschwindet das Ende der Zielgeraden im Nebel und die Stimmen werden lauter und deutlicher. Es ist nur eine und die kommt mir bekannt vor. Wo ist die verdamte Kurve hin, ich sehe nichts mehr, und wieso Aufwachen?
Ich öffne meine Augen und schaue in ein etwas genervtes Gesicht. "Brumm, Röhr, Jeeääähh. Könntest du bitte verdammt noch einmal träumen, ohne dabei Motorgeräusche nachzumachen? Ich kriege hier kein Auge zu!", werde ich angeschnauzt und sehe noch, wie sich die beste Frau von allen wieder auf ihre Bettseite verzieht. Ausserdem fällt mir gerade ein: ich war noch nie auf einer Rennstrecke und eine Liter-Gixxer habe ich auch nicht.
... link
Fünf Stimmen, insgesamt, für zwei Monate, das ist doch nun wirklich etwas mau, das ist unbedingt steigerungsfähig. Natürlich könnte man jetzt lang und breit diskutieren, woran das liegen könnte, am derzeit mangelnden Sommerwetter wohl eher nicht, ich persönlich bin aber in allererster Linie für "Weitermachen" und biete deshalb diesen Satzanfang an.
Ich saß zwischen zwei Stühlen...
Ich hoffe, er ist offen genug für weitere schöne Geschichten, mit hoffentlich vielen Lesern.
Viel Spaß und viel Glück.
August 2007 ... link