Montag, 26. Februar 2007


Abstimmung Februar 2007

Trotz der Kürze des Februars sind es wiederum sieben Geschichten! Dass mich das sehr freut, muss ich wohl nicht extra sagen, oder? :)

Okay, jetzt gilt es, wie gehabt, einen der allesamt wunderbaren Texte zum Sieger zu küren:


Welche der Stories ist dein Favorit im Monat Februar 2007?

 
13.33% (2 Stimmen)
PopUp le Zivi

 
6.67% (1 Stimme)
Immer.

 
13.33% (2 Stimmen)
Dämonen

 
20% (3 Stimmen)
Wenn andere Gäste schlafen

 
6.67% (1 Stimme)
Das unverstandene Leben der Aristokratie

 
33.33% (5 Stimmen)
Gesichtslos

 
6.67% (1 Stimme)
R.D.

Insgesamt: 100% (15 Stimmen)

Angelegt von dezentral am 2007.02.26, 13:26.
Diese Abstimmung wurde am 2007.03.01, 22:06 beendet.



Bitte entscheidet euch bis ca. 21.00 Uhr des ersten März. Viel Spaß beim Lesen und Grübeln - und DANKE!

Februar 2007  ... link










R. D.

Gebannt starrten sie auf das Schauspiel, das sich ihnen bot: der winzig kleine Punkt intensivierte seine Leuchtkraft um ein millionenfaches und tauchte die gesamte Umgebung in ein gleißendes Licht, bevor er plötzlich größer und größer wurde und sich zu einem gewaltigen Feuerball aufblähte.

Durch ihre Lichtschutzmasken beobachteten die beiden Männer, wie die Kugel immer größer wurde und fast sekündlich an Umfang gewann. Die unglaubliche Hitze der Gasexplosionen an seiner Oberfläche waren trotz der Entfernung fast körperlich spürbar. Lächelnd tätschelte der alte Mann die Schulter des jüngeren, der staunend die Verwandlung beobachtete.

Die Kugel wuchs immer weiter und schien sich bis ins Unendliche ausdehnen zu wollen. Die Feuerglut schimmerte in allen erdenklichen Rot– und Orangeschattierungen, die Gravitation brachte das Farbenmeer in einen surrealen Fluss. Minutenlang drehte sich die Kugel feurig glühend um die eigene Achse. Dann wurden die Explosionen an ihrer Oberfläche plötzlich weniger. Nebel bildete sich, wurde dichter und umhüllte den Feuerball schließlich komplett. Nur ein roter Schimmer ließ erahnen, dass sich etwas in diesen Wolken befand; aber auch dieses Leuchten wurde zusehends weniger.

Mit sorgenvollem Blick schaute der junge Mann zu dem Alten empor.
“Habe ich etwas falsch gemacht?”, fragte er ängstlich.
Im Inneren des Nebels war das rote Glimmen vollends erloschen. Dafür zuckten Blitze und das tiefe Grollen von Donner war zu hören.
“Nein, nein”, antworte der alte Mann und lächelte. “Das muss so sein. Komm, lass uns einen Kaffee trinken. Das dauert jetzt eine Weile.”
Und so zogen sie von dannen und überließen die Nebelkugel ihrem Schicksal.

---------–

Als sie einige Stunden später zurück kamen, bot sich den Männern ein atemberaubender Anblick. Stolz und in würdevoller Geschwindigkeit rotierte eine nahezu perfekte Kugel vor ihren Augen. Der dichte Nebel hatte sich verzogen, nur vereinzelt waren noch Wolkenhaufen zu sehen, die über die Oberfläche hinweg zogen. Ein blütenreines Weis bedeckte die obere und untere Hälfte, dazwischen mischten sich Flächen von klarstem Blau, sattestem Grün und einer Vielzahl anderer Farben. Majestätisch, als wolle sie all ihre Pracht in angemessener Weise präsentieren drehte sich die Kugel.

“Sie ist wunderschön”, sagte der junge Mann und schaute verträumt auf seine Arbeit.
“Ja, Jesus, das ist sie wirklich.” Der alte Mann klopfte seinem Sohn anerkennend auf die Schulter. “Hast Du Dir schon einen Namen überlegt?”
“Wie wäre es mit R. D.?”
“Erde?”
“Nein, R. D.; als Abkürzung für “Really Devilish”. Das dürfte Deinen alten Freund Luzifer mächtig ärgern.”
Der alte Mann lachte schallend. “Das ist eine gute Idee. Wenn er das hört, wird ihm bestimmt ganz heiß vor Ärger.”

Das Licht der Sonne ließ das Blau der Meere glitzern und die Wälder leuchteten in hellem Grün.

“Du Papa?”, sagte Jesus. “Ich habe mir etwas überlegt.”
“Ja, mein Sohn?”
“Du hast doch in der Werkstatt diese zwei komischen Figuren. Wie hast Du sie gleich genannt?”
“Du meinst meine ‘Menschen’?”, fragte Gott.
“Ja, genau die. Kann ich die haben? Ich würde sie gerne auf R. D. aussetzen.”
“Hm”. Gott graulte seinen langen weisen Bart und überlegte. “Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist. Mir kommen diese ‘Menschen’ noch nicht ausgereift genug vor, um sie auf so einem schönen Planeten auszusetzen.”
“Ach komm schon Papa”, bettelte Jesus. “Lass es mich einfach probieren. Was soll schon schief gehen?”
“Also gut”, antwortete Gott. “Aber ich will nichts hören, wenn sie Dir den Planeten kaputt machen.”
“Ach was. Die haben dort doch alles, was sie brauchen. Sie werden in den Meeren und Flüssen schwimmen, über die Wiesen und durch die Wälder tollen, sich lieben und vermehren und einfach nur glücklich sein. Wirst sehen.”
“Dein Wort in Gottes Ohr”, sagte Gott und ließ erneut sein schallendes Gelächter ertönen. “Dann lauf mal in die Werkstatt und hol die ‘Menschen’. Mal sehen, wie sie sich auf Deinem Planeten machen.”

“Der Filius hat schon recht”, dachte Gott als Jesus in die Werkstatt eilte. “Die wären schon ganz schön bescheuert, wenn sie sich das Leben mit Intrigen, Neid, Hass, Kriegen und diesem ganzen Firlefanz schwer machen würden. So blöd kann niemand sein, noch nicht mal meine ‘Menschen’.”

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Sonntag, 25. Februar 2007


Der Februar neigt sich seinem Ende

und weil er nur kurz ist, nicht länger als 28 Tage, möchte ich die Annahme von Einreichungen morgen mittag gegen 12.00 Uhr abschließen.

Wer also noch nicht ganz fertig ist, oder endlos vor sich hergeschoben hat, weil er den Zeitdruck braucht :))), der sollte den verregneten Sonntag nutzen und in die Tasten hauen.

***

Ich möchte an dieser Stelle mehrere Bitten äußern:

Die erste Bitte richtet sich an alle, die sich bisher nicht getraut haben, hier mitzumachen, weil sie vielleicht der Meinung sind, nicht gut genug zu sein. Dieses hier nennt sich Schreibwerkstatt und in einer Werkstatt wird gehobelt und gesägt, gefeilt und gebohrt und wo gehobelt und gefeilt wird, fallen Späne. Wir alle hier probieren uns aus, jonglieren mit unseren Ideen, mit Worten und auch mit Grammatik und Rechtschreibung. Und wir alle hier trauen uns, unsere Ideen vorzustellen, mit allen Fehlern in der Grammatik oder der Rechtschreibung, die der eine mehr, der andere weniger beherrscht. Fehler passieren, niemand ist perfekt, niemand weiß und kann alles, niemand hier ist ein wandelnder Duden. Ich finde es sehr, sehr schade für alle die wundervollen Ideen, die in irgendwelchen Schubladen verstauben, weil der Verfasser sich in der Rechtschreibung unsicher ist. Hey, Leute, das hier ist eine Schreibwerkstatt! Traut euch! Ich will eure Ideen lesen und scheiße auf perfekte Beherrschung der deutschen Rechtschreib- und Grammatikregeln!

Eine weitere Bitte meinerseits richtet sich an alle, die hier lesen und abstimmen: Viele hier geben sich wirklich große Mühe, zermartern sich das Hirn, schreiben mit Herzblut. Es macht Sinn, sich mit Anmerkungen und Kritik zurückzuhalten, solange die Abstimmung läuft, aber wenn die Entscheidung gefallen ist, dann würden sich die Schreiber hier über ein paar Worte freuen, über gute und anerkennende genauso wie über weniger gute und kritische. Eine Erklärung, warum gerade diese Story gut gefallen hat und jene weniger gut, wo es hakt, wo es sich mühsam liest, welche Idee warum überzeugt hat und an welcher Stelle ein Bruch in der Story ist, das alles würde den Schreibern hier erstens zeigen, dass sie tatsächlich gelesen werden und zweitens ihnen helfen, ihren Stil zu verfestigen und an ihren Schwachstellen zu arbeiten. Es wäre eine Anerkennung ihrer Mühen und ein Ansporn, sich auch weiterhin zu bemühen.

Meine letzte Bitte basiert auf eine vorherige Abstimmung. Ich weiß von mir selbst, dass es mir in den Fingern juckt, wenn ich Unsicherheiten oder Fehler in Texten zu entdecken glaube. Eine kleine Anmerkung, ein kleiner Hinweis, vielleicht sogar mit der entsprechenden Regel oder einer für die Zukunft hilfreichen Eselsbrücke wird sicherlich gern angenommen, herbe, unbedachte Kritik jedoch beschämt den Schreiber und das ist nicht Ziel unserer gemeinsamen Schreibwerkstatt. Der Ton macht die Musik, das gilt auch für geschriebene Töne - das heißt nicht, dass man keine Kritik üben darf, die ist erwünscht und gewollt, es ist lediglich die Bitte um respektvolles Feingefühl.

Danke an alle, die bis hierher gelesen haben. Ich habe jetzt fertig. :)))

[Nachtrag: Wie bekommt man einen Abstand zwischen das Tagesdatum und den folgenden Beitrag? Das sieht so angeklatscht aus. Ich krieg´s nicht hin... :) ]

Zwischenruf  ... link








Samstag, 24. Februar 2007


Gesichtslos

Gebannt starrten sie auf das Schauspiel, das sich ihnen bot. Die starrenden Menschen umschlossen das Zentrum wie ein Ring. Er hörte Schreie und Gebrüll. Was führen die denn da vor, ging es ihm durch den Kopf. Er versuchte den gedämpften Geräuschen zu lauschen, er versuchte einzuordnen was er hörte.
Klar, die Menschenansammlung hatte er längst wahrgenommen, während seine Gedanken woanders weilten. Auch die Geräusche waren längst in seinem Unterbewußtsein angekommen, drangen aber mittlerweile in sein Bewußtsein vor.
Straßenschauspieler die solch ein Interesse hervorrufen? Das ist unwahrscheinlich. Irgendwelche Peinlichkeiten Anderer, an denen sich die Menschen ergötzen?

Jetzt veränderten sich die Geräusche in seinem Ohr. Eindeutig meinte er die Stimme zu erkennen. Eindeutig war der verzweifelte, flehende Unterton. Das konnte doch nicht sein.
Es durchschoß ihn ein einziger Gedanke. Er mußte dorthin, ins Zentrum. Er näherte sich dem Rand der Menschenmenge. "Darf ich durch?" Nichts regt sich. "Lassen Sie mich durch", schon lauter. Nichts passiert. Jetzt fängt er an zu schieben und zu drücken. Es ist kein Durchkommen. Er kniete sich hin, versuchte zwischen den Beinen durchzukrabbeln, kam aber auch nicht weit und zog sich zurück. Nun mischte sich langsam Wut in seine Aktionen.
Immer wieder rannte er gegen den Menschenring an. Immer wieder warf ihn die federnde Masse wieder zurück. Er wußte nicht wieso, aber sein Bedürfnis die Menge zu durchdringen wurde immer größer. Die Not, dass seine Hilfe gebraucht würde, dieser Gedanke war der Einzige, der gerade in ihm wohnte. Hinzu kam, dass diese Undurchdringlichkeit ihn wütend machte.
Jetzt fällt ihm auf, dass die einzelnen Menschen kaum Konturen haben, sie sind gesichtslos. Sie haben ihr Gesicht verloren. "Ja," denkt er, "sie haben ihr Gesicht verloren." Er weiß noch wie er selbst aussieht, er weiß wer er ist und er muß dahin.
Mit der Energie der Verzweiflung rannte er los, sprang vor der Menge hoch, landete auf ihren Köpfen und krabbelte, quasi auf ihnen, nach vorn. Währenddessen wurde er von unten geschubst und geboxt. Er liess sich nicht beirren, jetzt wo er endlich, scheinbar, einen Weg gefunden hatte. Kurz bevor er den vorderen Rand der wabernden Menge erreichte, richtete er erstmalig seinen Blick auf das Schauspiel. Sofort erkannte er, dass seine schlimmem Befürchtungen berechtigt waren. Nein, das war kein Spiel, das war grausamer Ernst. Er glitt am vorderen Rand der Menge hinab und befand sich nun im inneren Kreis, während seine Gedanken rasten. Wie war diesem grausamen Hünen beizukommen? Was konnte er tun. Wieviele Leute waren nötig?
Verzweifelt blickte er sich um. Er rannte von einem kräftiger aussehenden Kerl zum Nächsten, flehte "Komm, hilf mir, wir müssen ihn davon abhalten". Niemand rührte sich. Er bekam noch nicht einmal eine Antwort. Gebannt starrten sie alle nur auf das Schauspiel, das sich ihnen bot.
Plötzlich wußte er was er zu tun hatte. Er fixierte sein Ziel, spannte jede Faser seines Körper an, und rannte los, mit dem Mut der Verzweiflung. Sein Denken war ausgeschaltet.

Gerade in dem Moment, kurz vor Erreichen seines Ziels, erwachte er, schweißgebadet. Ohne zu überlegen griff er zum Telefon, wählte die ihm sehr bekannte Nummer und lauschte dem Freizeichen. "Bitte geh ran.." murmelte er vor sich ihn. "Bitte".

Februar 2007  ... link