„Und das soll Kunst sein“, stieß Claire hervor, während ihre Jeans Grasflecken bekam. Ihre Schwester kitzelte sie weiterhin durch, so dass sie sich winden musste und dabei einige Gänseblümchen wirbelnd den Kopf verloren.
„Los, gib es zu! Sag, du hättest noch nie so etwas Schönes gesehen!“
Die Antwort ging in gurgelndes Lachen unter. Als beide prustend auf den Rücken lagen und in den wolkenbetupften Himmel blickten war der Gegenstand des Streites reichlich derangiert. Eher schief lag der sowieso nur locker gewundene Blumenkranz auf Claires blonden Locken. Die Butter- und Gänseblümchen sahen reichlich zerdrückt aus.
Sommerglück. Nach all den Jahren immer wieder greifbar, wenn die beiden aufeinander trafen. Auf dem anderen Ufer saß eine Picknickgesellschaft zusammen auf karierten Decken und neben ihnen dudelte leise ein Radio.
Immer noch außer Atem sprang sie auf und griff dabei nach dem Fotoapparat. Sie wollte diesen Moment festhalten. Claire hob abwehrend die Hand. „Komm, ich will, dass du auch drauf bist.“
Dann zog Claire sie neben sich, legte den Arm um sie.
„Na gut, dann sieht man aber nicht so viel.“
„Ach was, die Gesichter und dein Kunstwerk. Das muss doch reichen.“
Als die Gruppe drüben anfing betrunken zu sein, packten die beiden ihre Sachen zusammen und nahmen den Bus zum Hauptbahnhof. Sie mussten zum Gleis rennen, damit Claire noch den Zug bekam.
Schon in der Tür stehend, bemerkte Claire erst, dass sie noch immer den Kranz auf ihren Kopf hatte. Sie lachte und ließ ihn einfach weiterhin auf.
„Das nächste Mal werde ich der Künstler sein und du besuchst mich.“
Die andere nickte nur, ihre Worte wären sowieso von den schließenden Türen übertönt worden, die laut piepten.
Auf dem Rückweg dachte sie an das Foto und zog die Kamera hervor und versuchte gegen das Licht auf das Display zu blicken. Zwei Schwestern, blond gelockt, eine mit einem wilden Haarkranz, beide breit lachend.
Beim Anblick musste sie schmunzeln, wenn dieser Tag keine Kunst war, was dann? Ein perfekter, glücklicher Moment.
Maerz 2008 ... link