Sonntag, 16. Dezember 2007


Worauf?

Dieses Rauschen…

… zwischen meinen Rippen, unter meiner Bauchdecke, hinter meinen Augäpfeln, erst ein sachter Ton, nur ein nervöses Zucken, dann eine immer aufdringlich werdende Präsenz, die meinen Verstand, meine Klarheit, mein Denken befällt wie ein gefräßiger Parasit.

Die Stunden vergehen in quälender Langsamkeit, kleben mir am Gaumen, wollen sich nicht hinunterschlucken lassen. Jede einzelne würge ich hinunter, äußerlich in lethargischer Ruhe, innerlich zerfetzt in alle hundert Wenn und Aber, die zusammen dieses Rauschen ergeben, dieses Rauschen, dieses unerträgliche Rauschen. Warum meldest du dich nicht, antwortest mir, meiner Sehnsucht, seit unzählbaren Stunden nicht? Was tust du, jetzt, gerade in diesem Moment? Bist du so beschäftigt, dass du mir nicht einmal ein Wort, eine Silbe, eine einzige Zeile schicken kannst? Arbeitest du? Sitzt du mit wichtigen Herren in wichtigen Anzügen an wichtigen Tischen und führst wichtige, teure Gespräche? Oder… bist du bei ihr…

… sie, diese mir gesichtslose Frau, mit der ich mir die Härte deines Schwanzes teilen muss und die ich für jeden Augenblick, den sie mit dir haben darf - mir geraubt, mir fortgenommen, meiner Zeit mit dir entrissen - unkontrollierbar und freudig hasse, weil ich dich dann nicht hassen muss, für das, was du mir antust. Weil ich dich dann auch noch lieben kann, wenn der Schmerz mich von innen her auffrisst. Weil ich mich auch dann noch für dich und vor dir ausziehen kann, obwohl ich weiß, dass ich dir kaum mehr bin als die überaus geile, gut fickbare Gelegenheitshure. Zahlart: Schweiß und Sperma - keine Belastung deiner Kreditkarte, nicht steuerrechtlich absetzbar.

Die Stunden, alle die Stunden, in denen ich an dich dachte. Alle die Stunden, in denen ich unter meinen eigenen Händen aufstöhnte, mir vorstellend, es wären deine. Alle die Stunden, in denen ich Bilder heraufbeschwor, Bilder von dir und mir, Hand in Hand durch die Stadt spazierend, lachend, plaudernd, scherzend, mit Liebe im Blick und stummen Einverständnissen im Bauch, mit zweifelsfreiem Wissen dort, wo es jetzt, jetzt, genau jetzt rauscht. Rauschen. Nichts als dieses Rauschen. Dieses Rauschen.

Alle die Stunden, die ich wartete. Wartete. Warten…

… worauf? Warten worauf? Sag es mir! Worauf warte ich? Sag es mir! Sag es mir! Worauf warte ich? Ich… sollte damit aufhören… mit dem Warten… mit diesem Warten… warten… worauf warte ich? Worauf?

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Höre

Dieses Rauschen, Spezialdisziplin in der Physik, versetzt Toningenieure in orgiastische Zustände oder aber Wahnsinn, und ist für mich schlichtweg indifferent. Ob rosa, weiß, Klang der Blätter, oder das Blitzen in meinen Ohren wenn ich erhitzt nach einem Tanz mit dir in einen Sessel falle.

Dieses Rauschen, scheint in mich hinein, wandelt als Ameisenvolk durch meinen Magen, verlässt zierlich meine Ohrmuschel und lässt Blitze in meinen Hirn umher schlagen, aus meinen Augen hinaus, direkt auf dich zu. Schwingungen, Zittern, zwischen dir und mir. Risse im abgewetzten Boden, frisch und energetisch.
Schließe die Augen, höre zu, hör’ gut zu. Es durchdringt uns, noch, aber strebt schon fort. Du und ich, ein Rauschen, wir. Nur ein Augenblick. Ich sage es dir, gleich, sofort. Denk an das Zerfallen. Der Rausch endet, zerbricht.

Dieses Rauschen, Atem, Stöhnen. Fühl den Schrei, für dich.
Dieses Rauschen, du schlägst es in mich, wuchtest es als geballten Schlag, direkt. In mir pulsiert es, wabernder, aber immer noch zielgerichtet.
Ich weiß, dein Herz schlägt im selben Takt. Die selben Blitze toben in deinem Hirn. Ich weiß es, ich sehe sie aus deinen Augen schießen.

Dieses Rauschen, ich sehe es kommen, ich höre es kommen.

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