Dienstag, 23. Oktober 2007


Klack.

Eigentlich begann alles schon viel früher. Nicht erst in diesem Augenblick. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr. Du hast gerade abgedrückt und die Kugel rast unaufhaltsam ihrem Ziel entgegen. Merkwürdig. Das metallische Klacken des Abzuges ist in deinem Kopf viel präsenter als der ohrenbetäubende Knall. Vor vielen Monaten fiel dein Entschluss es zu tun. Ein Ende zu machen. Klack. Ein Film läuft in deinem Kopf. Es ist kein guter Film. Es gibt keine stringente Handlung. Nicht mal special-effects. Selbst an eine Sex-Szene kannst du dich nicht erinnern. Nur an die ständigen Demütigungen. Klack. Irgendwie ein befreiendes Geräusch. Endlich. Nach dem langen Hin und Her. Der Entschluss war leicht gefallen. Das war nicht das Problem. Den richtigen Moment zu finden, war da schon wesentlich schwieriger. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr. Denn jetzt ist es vorbei. Klack. Du hast gerade abgedrückt und die Kugel rast unaufhaltbar ihrem Ziel entgegen. Es wird ein Ende geben. Unmittelbar. Und jäh. Genau so sollte es sein. Rache für die Erniedrigungen der letzten Jahre. Du kannst die Kugel nicht sehen. Sie ist schnell. Aber du spürst, wie sie auf ihr Ziel zuschießt. Sie wird treffen. Kann gar nicht anders. Denn jetzt ist es vorbei. Klack. Keine Explosion. Keine Gefühle. Klack. Du hast gerade abgedrückt und endlich etwas zu Ende gebracht.

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Früher

Eigentlich begann alles viel früher. Die Situation war vor ihm da, bevor er auf irgendetwas Einfluss nehmen konnte. Das war ein tröstlicher Gedanke, inmitten all der Striemen und blauen Flecke. Wenigstens war er nicht schuld, dass es so gekommen war. Schuld war nur Vater. Der aber war meist nicht da.

Hinter solchen Gedanken verbarrikadierte er sich, wenn diese Furie, die plötzlich im Wohnzimmer stand und Mutti genannt werden wollte, den Stiel des Staubwedels auf seinem Hintern tanzen ließ. Weil er wieder log.

Wie sollte er auch nicht? Selbst wenn er gewollt hätte - er konnte ja keinen Satz formulieren, der es ihr recht gemacht hätte. Mit sieben Jahren kann sich niemand in Unverbindlichkeiten flüchten. So fand sie immer wieder Anlass, ihm die Hosen herunter zu lassen. Deshalb lag sie jetzt da. Aber eigentlich begann alles viel früher.

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